Jahre später, als Jurastudent, sieht er sie während eines NS-Prozesses in Frankfurt wieder. Die Zeugin lehnt jedoch ab und gibt es einer jüdischen Einrichtung gegen Analphabetismus. Der Roman ist geschickt aufgebaut. Dadurch würde ihre Strafe milder ausfallen, weil sie dann nicht den Bericht verfasst haben kann. Es mag vom Autor beabsichtigt sein, dass der Lser sogar geneigt sein kann, Hanna Schmitz ihre Taten zu verzeihen.
Doch das Schweigen zwischen ihnen bleibt. Er weiß nicht, ob er dem Richter davon erzählen soll. Allerdings kann er dabei einige Dinge bewusst auslassen oder sie falsch erzählen. Du kannst sie aber auch auf Michaels Schuldgefühle gegenüber Hanna beziehen.
Innere Distanziertheit: Michaels Beobachterhaltung wirkt gelegentlich unterkühlt.
Der Grund: Hanna kann nicht lesen und schreiben. Zwischen dem Schüler und der Schaffnerin entwickelt sich eine Liebesbeziehung, deren wichtigster Bestandteil das Vorlesen ist. Bernhard Schlink verwendet Hochsprache, die nicht aufgesetzt wirkt. Dem „Vorleser“ ist das geglückt. Darum geht es auch: Wie ein einziges Erlebnis unser gesamtes Leben nachhaltig beeinflussen kann.
Er wohnt einem Prozess für Kriegsverbrecher bei. 61).
Abiturienten und Lehrkräfte:
Anknüpfungspunkte zu Erzählstruktur, Schulddebatte und NS-Aufarbeitung machen den Roman schulisch vielseitig einsetzbar. Damit wird das Buch zum Klassiker, das unbedingt in jedem Bücherschrank stehen sollte.
In einigen Bundesländern ist „Der Vorleser“ Schullektüre.
In ihrer Wohnung beobachtet der Junge zufällig, wie sich Hanna umzieht.
Historisch Neugierige:
Wer sich für die Atmosphäre der frühen Bundesrepublik, den Umgang mit NS-Tätern und juristische Aufarbeitung interessiert, wird den historischen Unterbau des Romans zu schätzen wissen. Das ist auch für Michael der Fall. Der Umgang des Ich-Erzählers mit dieser Problematik bestimmt nun das gesamte Buch.
Eines Tages verschwindet Hanna ohne Abschied, und Michael bleibt verstört zurück.
Beobachtungen wie das laute Knarren der Treppenstufe, Hannas Geruch oder die Ordnung auf ihrem Tisch erhalten symbolisches Gewicht und intensivieren die Atmosphäre. Nichts wird verurteilt, nichts wird vorweggenommen.
Michael übergibt später einem Holocaust-Überlebenden ihr Vermächtnis und bleibt zurück mit der offenen Frage nach Schuld, Verantwortung und der Möglichkeit von Vergebung. Nur während seiner Beziehung zu Hanna kann er die Außenseiterrolle zumindest für eine kurze Zeit ablegen. Die einfache, klare Sprache Bernhard Schlinks unterstützt die Gedankenbildung.
Hanna wird zu lebenslanger Haft verurteilt. Michael erzählt dem Richter nichts von seinem Wissen. Ein kluges, ein wichtiges Buch.
Der Leser soll sich selbst ein Bild machen. Er war Professor für Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Außerdem soll sie Arbeiterinnen fürs Konzentrationslager ausgesucht und einen Bericht gefälscht haben. Er berichtet die Geschehnisse rückblickend im Präteritum . Erotische Gefühle entstehen.